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Ebook: Erläuterungen Zu Heinrich Von Kleist: Die Marquise Von O...

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27.01.2024
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Buch der 1000 Bücher

Copyright: Aus Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag)

Die Marquise von O…
OA 1810 (1808 Vorabdruck in der Zeitschrift »Phöbus«)Form Novelle Epoche zwischen Klassik und Romantik
Bei ihrem Erscheinen wegen der angedeuteten Vergewaltigung als Skandalgeschichte empfunden, gilt die Novelle Die Marquise von O… heute als frühes Beispiel weiblicher Emanzipation. Am Schicksal der Marquise, die in einem existenziellen Konflikt zu sich selbst findet und Selbstständigkeit gewinnt, hinterfragt Heinrich von Kleist traditionelle Werte und die Konventionen familiären Lebens.
Inhalt: Die Marquise von O…, die seit dem Tod ihres Mannes mit ihren Kindern wieder bei ihren Eltern in einer Stadt in Oberitalien lebt, wird schwanger, ohne zu wissen, wie sie das Kind empfangen hat. Von den Eltern wegen ihrer vermeintlichen Unmoral verstoßen, beschließt sie, sich über alle Konventionen hinwegzusetzen und den Vater durch eine Zeitungsannonce zu suchen, um ihn dann zu heiraten und ihrem Kind somit eine geachtete Existenz zu sichern. Auf ihr Inserat meldet sich der Graf F…, ein russischer Offizier. Er hat sie Monate zuvor bei der Erstürmung der von ihrem Vater befehligten Zitadelle vor der Vergewaltigung durch russische Soldaten bewahrt und ihr wenig später einen Heiratsantrag gemacht, der von ihr und ihrer Familie aufgrund der unvermittelten Werbung aber hinhaltend beantwortet wurde.
Aufbau: Kleist erzählt die befremdliche Geschichte der Marquise nicht linear, sondern enthüllt die Zusammenhänge erst allmählich und baut wie in einer Kriminalgeschichte immer neue Spannungsbogen auf. Die Novelle beginnt mit einem Rätsel in Form des Inserats, in dem die Marquise, »eine Dame von vortrefflichem Ruf«, bekennt, ohne ihr Wissen schwanger geworden zu sein und den Vater des Kindes sucht. Um die Vorgeschichte aufzudecken, springt die Handlung zurück zum Kampf um die Zitadelle. Kleist erzählt jedoch mehr indirekt: Auf die Rettung der Marquise durch den Grafen F… und ihr bewusstloses Niedersinken folgt einer der berühmtesten Gedankenstriche der deutschen Literatur. Was sich in dieser Zeitspanne zutrug – der Beischlaf –, erschließt sich der Leserschaft durch mehrdeutige Äußerungen und Verhaltensweisen des Grafen, nicht aber der Marquise und ihren Eltern, die ihn nicht verstehen können oder wollen. Die Marquise stößt ihn sogar – ein weiteres, erst im letzten Satz gelöstes Rätsel – zunächst zurück, als er die Tat schließlich gesteht.
Diese spektakuläre äußere Handlung steht allerdings nicht im Mittelpunkt der Novelle. Vielmehr geht es um das innere Geschehen: die Beziehungen der Figuren zueinander, ihre Haltung zu ihrem Schicksal, die Entwicklung der Marquise, die aus ihrem Unschuldsbewusstsein Selbstbewusstsein gewinnt.
Dennoch schildert Kleist seine Gestalten zumeist von außen; was sie denken oder fühlen, erschließt sich nur über die Körpersprache, ein Erröten etwa oder ihre Gesten. Stärker noch als in anderen Novellen verwendet Kleist in der Marquise von O… einen ironischen Unterton, der die Vielschichtigkeit des Textes unterstreicht und insbesondere in den Versöhnungsszenen (Marquise mit ihren Eltern, Happy End mit dem Grafen) die dargestellte Harmonie mit einem Fragezeichen versieht.
Wirkung: Der Stoff der Kleist-Novelle wurde im 20. Jahrhundert in mehreren Nachgestaltungen wieder aufgegriffen. Sie verlegten die Handlung in das Preußen zur Zeit Kleists und variierten teilweise den Schluss. Hartmut Langes Komödie Die Gräfin von Rathenow (1969) betonte die ökonomischen Motive der Handelnden und gestand der Marquise auch eine erotische Emanzipation zu. Hingegen hielt sich der französische Regisseur Eric Rohmer, der die Erzählhaltung Kleists mit dem Auge einer Kamera verglich, in seiner Verfilmung von 1975 eng an die Vorlage. -- Dieser Text bezieht sich auf eine andere Ausgabe: Taschenbuch .

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