Ebook: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch in 4 Bd.

Bücher haben ihre Schicksale, auch das vorliegende. Als 1930 die erste Auflage in zwei Bänden bei Niemeyer in Halle abgeschlossen war, dachte ich, daß die große Nachfrage bald eine zweite Auflage nötig machen würde, die als eine wesentlich verbesserte und erweiterte geplant war. Leider ließen die seit 1933 in Deutschland eingetretenen Zustände die Hoffnung auf eine solche vorerst aussichtslos erscheinen. Nicht nur die Nürnberger Gesetze, auch andere Zwangsmaßnahmen behinderten jede freie Betätigung auf geistigem Gebiet. Gleichwohl arbeitete ich in meiner niederländischen Wirkungsstätte unablässig weiter im festen Glauben, daß wieder andere Zeiten kommen würden und mit ihnen die Möglichkeit, das «Deutsche Literatur- Lexikon» nach den bewährten Grundsätzen wissenschaftlicher Objektivität neu herauszubringen. 1940 aber brach der Krieg auch in das friedliche Holland ein. Vom Herbst 1944 bis Frühjahr 194^ war mein Wohnhaus den Ereignissen an der Kampffront vor Nymwegen ausgesetzt und wurde zur Ruine. Wie durch ein Wunder konnte ich jedoch meine Manuskripte retten, tausende für die Neu-Auflage dieses Werkes bestimmte Blätter. Wenn das Lexikon nunmehr in der Schweiz, mit der mich unvergeßliche Jugenderinnerungen an meine erste akademische Lehrtätigkeit daselbst verbinden, endlich wieder erscheinen darf, so rechtfertigt die Geschichte meines Unternehmens wohl auch ein persönliches Bekenntnis.
Nur leidenschaftliche Lust und Liebe zu lexikographischer Arbeit, der Namen, Titel und Zahlen keine toten Zeichen bedeuten, die vielmehr das Wissen um Vergangenes und Vergessenes mit der fortlaufenden Entwicklung des gesamten Schrifttums lebendig zu verknüpfen sucht, haben mir die Feder geführt. Meine eigene Büchersammlung, von mir seit fünfzig Jahren systematisch zusammengetragen und auf etwa 30000 Bände gebracht, ist mir dabei sehr zustatten gekommen. Freilich kann ein Einzelner nicht alles leisten, vor allem nicht eine Kommission von Fachgelehrten ersetzen. Doch berufe ich mich auf ein Wort von Jakob Grimm : «Ein solches Werk muß, wenn es gedeihen soll, in einer Hand liegen. » Ich habe ohne einen Redaktionsausschuß und ohne einen Mitarbeiterstab die ganze Arbeit im wesentlichen allein besorgt. Für jeden Hinweis, jede Verbesserung und Ergänzung von anderer Seite bin ich gleichwohl in der Erkenntnis der meinem Werk immer noch anhaftenden Mängel und Lücken außerordentlich dankbar.
Trotz des erweiterten Umfangs der Neu-Auflage muß sich das vorliegende Nachschlagewerk, wenn es nicht auf eine ganze Reihe von Bänden anschwellen soll, auch diesmal eine gewisse Beschränkung auferlegen, indem es vor allem für die ältere Zeit dite bibliographischen Angaben tunlichst kürzt, dafür verzeichnet es außer den knappen Lebensläufen der Dichter, Literarhistoriker, Memoirenschreiber, Publizisten
usw. aus allen Jahrhunderten, ihren eigenen Schriften und den dazu gehörigen Untersuchungen, Aufsätzen u.a., literarisch behandelte Orte und Landschaften, Liederanfänge, Stoffe und Motive, Buchtitel, Fachausdrücke usw. Auch Zeitungen, Zeitschriften und Verlage von historischer Bedeutung werden berücksichtigt.
Die Neu-Auflage begann im Herbst 1947 zu erscheinen. Vorher waren besondere Schwierigkeiten zu überwinden, die freilich auch noch