Online Library TheLib.net » Gefährderansprache und Vernehmung Abgrenzung - Rechtliche Probleme - Praxistipps
Wenn Polizeibeamte mit Bürgern kommunizieren, kann sich das vom »Alltagsgespräch« während der Streife bis hin zur (förmlichen) Vernehmung entwickeln – was eine Sensibilisierung für das jeweilige Ziel der Maßnahme und die Kenntnis einschlägiger Befugnisnormen gleichermaßen voraussetzt. Eine strikte Trennung zwischen polizeirechtlichen und strafprozessualen Maßnahmen ist dennoch nicht immer möglich, und in dem Maße, wie das (polizeirechtliche) Instrument der »Gefährderansprache« an Bedeutung gewonnen hat, rücken Problemstellungen in den Blickpunkt, die bis vor einigen Jahren noch kaum Bedeutung für die Praxis hatten. 
Analog zur Informatorischen Befragung im Strafprozessrecht besteht bei der sogenannten Gefährderansprache nicht nur das Problem der Begriffsunschärfe und damit der Unsicherheit über die richtige Eingriffsbefugnis, sondern auch die Gefahr, einen möglichen Übergang zur strafprozessualen Vernehmung zu verkennen mit der Folge, dass erhobene Informationen für ein Ermittlungsverfahren unverwertbar werden. Während die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Rechtsfigur »Informatorische Befragung« Orientierungshilfen geschaffen hat, präsentiert sich das Feld in puncto Gefährderansprachen ziemlich unbestellt. Die Mehrzahl der Kommentare und die wenigen Urteile zur Thematik erschöpfen sich zumeist in der Diskussion um eine rechtskonforme Befugnisnorm für die Gefährderansprache.
Betrachtet man jedoch die Praxis, zeigt sich eine Vielfalt polizeilicher Kommunikationsformen, die unter dem Begriff »Gefährderansprache« zusammengefasst werden: von allgemein gehaltenen Hin­weisen bis zu erschöpfenden Befragungen über persönliche Befindlichkeiten, von Hilfsangeboten und Ratschlägen bis zur Androhung von Maßnahmen, von der einmaligen Ermahnung bis zur längerfristigen kommunikativen Begleitung und Betreuung. Das lässt deutlich werden, dass die im Schrifttum postulierte »Standardbefugnis für Gefährderansprachen« das Problem womöglich nicht lösen würde, da die Gefährderansprache eben keine standardisierte Maßnahme ist wie etwa Festnahme, Durchsuchung oder auch Vernehmung, sondern ein am jeweiligen Sachverhalt und Gefährdertypus ausgerichtetes mehr oder minder umfangreiches Gesamtpaket, dessen »Einzelteile« durchaus unterschiedliche Eingriffsqualität aufweisen können. Im Folgenden möchte ich: 
unterschiedliche Arten der Gefährderkommunikation definieren und voneinander abgrenzen;
Probleme doppelfunktionaler Maßnahmen am Beispiel der Gefährderkommunikation darstellen; 
rechtliche Grenzen für die Verwendung von Informationen aus der Gefährderkommunikation zu strafprozessualen Zwecke aufzeigen und
die Abgrenzungsproblematik Gefährderkommunikation / Vernehmung thematisieren.
Die Ausführungen zum Gefahrenabwehrrecht beziehen sich auf die Bestimmungen des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), die in anderen Bundesländern zum Teil abweichend geregelt sind. Eine entsprechende Zusammenstellung findet sich unter Punkt VII. Zu beachten ist allerdings, dass die Voraussetzungen für Standardbefugnisse (z. B. das Erfordernis einer konkreten Gefahr) und der Bereich der »vorsorgenden Straftatenbekämpfung« nicht in allen Ländern gleich geregelt sind. Insoweit sind die Rechtsausführungen, insbesondere im Zusammenhang mit der »vorsorgenden Straftatenbekämpfung« nur bedingt auf andere Bundesländer übertragbar.
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